Warum Hundegeschirr statt Halsband?
Der Zug am Hals des Hundes belastet die Halswirbelsäure, die Luftröhre und den Kehlkopf. Das kann zu ernsthaften Verletzungen deines Hundes führen. Im Gegensatz dazu schont ein Hundegeschirr den Hals deines Hundes und verteilt die Zugkraft auf Schultern und Brustkorb.
Wenn der Hund stark am Halsband zieht, bekommt er weniger Luft, weil die Luftröhre gewürgt wird. Im schlimmsten Fall kann sogar der Kehlkopf verletzt werden. Außerdem kann es zu Verspannungen und Schmerzen in der Halsmuskulatur führen, weil der Hund ständig dagegen halten muss.
Doch auch ein Ruck am Halsband kann zu ersthaften Schäden führen. Jeder Ruck (ob nun der Hund in die lange Leine rennt, oder der Hundehalter aufgrund veralteter Erziehungsmethoden an der Leine ruckt) belastet die Halswirbel. Dies kann für Hunde sehr schmerzhaft sein oder über lange Zeit (oder dauerhaft) gesundheitliche Konsequenzen für den Hund haben.
Bei langen Leinen (über 3 m) ist ein Hundegeschirr unbedingt erforderlich und die Verwendung eines Halsbandes gefährlich. Ebenso bei Hunden, welche nicht gut an der Leine gehen können, unruhig oder ängstlich sind, ist ein Hundegeschirr eine bessere Alternative. Ebenfalls beim Schwimmen gehen, Bergwandern, Zugfahren usw. ist ein Hundegeschirr sehr praktisch. Notfalls kann man den Hund so problemlos am Hundegeschirr festhalten.
Worauf ist bei der Auswahl des Hundegeschirrs zu achten?
Größe und Passform
Die richtige Größe für den Hund ist oft schwer zu finden. Auf jeden Fall solltest du deinen Hund zum Anprobieren in das Geschäft mitnehmen bzw. gleich zwei oder mehr Größen eines Typs bestellen (mit Rückgaberecht ;-), um das passende zu finden.
Der Bauchgurt des Geschirrs sollte unbedingt einige Zentimeter hinter den Vorderläufen anliegen, da es sonst zu Verletzungen durch Scheuern kommen kann. Der Brustgurt (Norwegergeschirr, Sattelgeschirr) sollte ebenfalls gut sitzen. Sitzt er zu hoch, kann das Tragen des Geschirres sehr unangenehm sein und ein Risiko für Hals und Kehlkopf darstellen.
Material
Das Material sollte weich und leicht sein. Ebenfalls ist eine Polsterung des Hundegeschirres an besonders empfindlichen Stellen des Hundes von Vorteil.
Welches Geschirr für welchen Hund?
Es gibt viele verschiedene Hundegeschirrtypen. Eine Beschreibung samt Vor- und Nachteile der gängigsten Typen findest du weiter unten. ↓ Die große Bandbreite an Geschirren macht die Auswahl nicht gerade einfach. 😉
Hast du einen ängstlichen, sehr unruhigen Hund? Greife unbedingt zu einem Geschirr, das relativ ausbruchsicher ist (z.B. Y-Geschirr).
Hast du einen Hund, der sich nur sehr ungerne etwas über den Kopf ziehen lässt? Hier bist du mit einem Norweger- oder Sattelgeschirr gut beraten.
Verschiedene Hundegeschirr-Typen und dessen Vor- und Nachteile
Das Führgeschirr (H-Geschirr)
Das Führgeschirr ist das beliebteste Hundegeschirr schlechthin. Es ist sehr einfach aufgebaut.
+ Gut verstellbar, sodass es für praktisch jeden Hund ein gut sitzendes Geschirr gibt und es auch bei noch größer werdenden Hund noch ein Stück mitwachsen kann.
+ Einfaches Anziehen, wenn zwei Verschlüsse am Bauchgurt vorhanden sind.
– Trotz guter Einstellbarkeit muss Rückensteg richtige Länge haben und darf nicht zu kurz sein (ansonsten kann es zu schmerzhaften Scheuerungen kommen).
– Gurtband muss breit genug sein, sonst kann schmerzhafter Druck auf Kehlkopf und Brustbein entstehen.
Das Y-Geschirr
Das Y-Geschirr ist eine Abwandlung des Führgeschirrs. Bei diesem abgewandelten Typ ist die Halsung leicht schräg nach hinten versetzt. Dadurch wird der Druck beim Zug anders auf den Hundekörper verteilt als beim Führgeschirr. Weiters sitzt das Y-Geschirr noch ein wenig enger.
+ Durch „enge“ Passform ist Herausschlüpfen des Hundes fast unmöglich.
+ Einfaches Anziehen, wenn zwei Verschlüsse am Bauchgurt vorhanden sind.
– Muss durch enges Anliegen, wirklich perfekt sitzen, ansonsten kann es die Bewegungsfreiheit stark einschränken beziehungsweise scheuern.
Das Norwegergeschirr
Das beliebte Norwegergeschirr besteht aus einem Gurt, der vor der Brust des Hundes liegt und einem Gurt, der um den Bauch verläuft. Das Geschirr muss nur über den Kopf gezogen und geschlossen werden. Bei diesem Geschirr gibt es keinen Steg der zwischen Vorderbeinen durchläuft, wodurch bei manchen Hunden eine besonders schnelle Akzeptanz vorliegt.
+ Sehr einfach und schnell anzulegen, also besonders für sensible Hunde geeignet.
+ Druck wird nur auf der Brust des Hundes verteilt, also keine Verletzungsgefahr des Kehlkopfes bzw. Halsbereiches.
+ Die Schlaufe am Rücken kann in brenzligen Situationen, welche ein schnelles festhalten erfordern, sehr hilfreich sein.
– Wenig Einstellmöglich
keiten. Der Brustgurt kann oft nicht verstellt werden, daher gibt es nicht für jeden Hund ein gut sitzendes Geschirr.
– Hund kann sich relativ einfach aus dem Norwegergeschirr befreien, ist also ungeeignet für ängstliche oder unruhige Hunde.
– Der Bauchgurt liegt relativ nah an Achseln. Wenn das Geschirr nicht perfekt sitzt, kann es im Achselbereich zu schmerzhaften Scheuerstellen kommen.
Das Step-In Geschirr
Dieses Hundegeschirr ist seltener anzutreffen, da es nur bei wenigen Hunden für die tägliche Nutzung empfehlenswert ist. Es besteht aus zwei Schlaufen, die wie eine „Hose“ über die Vorderbeine des Hundes nach oben gezogen werden und über den Schultern geschlossen werden.
+ Geschirr muss nicht über den Kopf gezogen werden (besonders geeignet für „kopfscheue“ Hunde).
– Eher für kleine Hunde geeignet, große Hunde können bei diesem Typ relativ leicht rausschlupfen.
– Anlegen oft ein schwieriges Unterfangen, besonders wenn Hunde nicht gerne in die Schlaufen steigen, beziehungsweise eher unruhig und zappelig sind.
Das Sattelgeschirr
Sattelgeschirre ähneln dem Norwegergeschirr, haben jedoch auf den Schultern eine breitere Rückenplatte. Bekannt wurde dieser Typ durch Julius K9. Die Vor- und Nachteile ähneln den Plus- und Minuspunkten der Norwegergeschirre.
+ Einfaches Anziehen
+ Druck nur auf Brust verteilt
– Wenig Einstellmöglichkeiten+ Geringe Bewegungseinschränkung, wenn Geschirr gut sitzt.
– Sattelgeschirre wirken gerade bei kleineren Hunden oft klobig.
– Unter dem Sattel kann sich, je nach Wetterlage, Hitze oder Nässe stauen.
Wie kann ich meinen Hund an das Geschirr gewöhnen?
Grundsätzlich müssen viele Hunde erst einmal lernen, dass die Körperhaltung von Frauli/Herrli beim Anlegen kein Grund zum Fürchten ist. Deshalb sollten wir darauf achten, uns beim Anlegen so wenig als nötig über den Hund drüber zu beugen. Ebenfalls ist es wichtig, dass dein Hund das Geschirr mit Ereignissen verknüpft, die für ihn besonders positiv sind (Leckerli, Futter, Spiel, spannender Spaziergang).
Schritt 1: Gehe in die Hocke bzw. knie dich auf den Boden und nimm das Geschirr in die Hand. Ziehe ein Leckerli durch den Kopfteil und locke damit den Hund, sodass er von selber in den Kopfteil des Geschirres schlüpft. Lobe und belohne deinen Hund gleich und nimm anschließend das Geschirr wieder ab. Dieser Schritt muss bei besonders sensiblen Hunden einige Male wiederholt werden.
Schritt 2: Lass den Hund wie bei Schritt 1 beschrieben in das Geschirr schlüpfen und schließe es. Währenddessen der Hund das Geschirr trägt, kannst du ihm ein paar Leckerlis füttern oder ein kleines Spielchen machen. Nimm das Geschirr anschließend gleich wieder ab. Wiederhole diesen Schritt einige Male.
Schritt 3: Lässt sich dein Hund das Geschirr schon problemlos anlegen und trägt es schon kurze Zeit ohne sich dagegen zu wehren, kannst du es deinem Hund während des Fressens anlegen. Lege dem Hund wie bei Schritt 1 beschrieben das Geschirr an und stelle deinem Hund den Futternapf auf den Boden. Nachdem dein Hund mit dem Fressen fertig ist, nimmst du ihm das Geschirr wieder ab.
Schritt 4: Funktionieren Schritte 1-3 schon gut und dein Hund versucht nicht sein Geschirr abzustreifen, kannst du schon erstmals einen kleinen Spaziergang mit deinem Hund im Geschirr machen. Versuche dabei den Spaziergang möglichst spannend für deinen Hund zu gestalten, damit dein Hund merkt, dass etwas Tolles passiert.
SOS – Warum mag mein Hund das Geschirr nicht?
Dein Hund verzieht sich schnell in eine Ecke, sobald du das Hundegeschirr in die Hand nimmst? Dies kann mehrere Ursachen haben. Die häufigsten findest du hier:
- Dein Hund hat nie gelernt ein Geschirr zu tragen. Genauso wie sich dein Hund langsam an Menschenmengen oder Zugfahren gewöhnen muss, ist es auch notwendig den Hund langsam an das Geschirr heranzuführen. Bitte gewöhne deinen Hund langsam an das Tragen des Geschirres (siehe weiter oben).
- Das Geschirr passt nicht richtig und scheuert. Bitte lasse ein Geschirr maßanfertigen oder bitte einen Experten um Hilfe.
- Dein Hund ist mit deiner Körperhaltung beim Geschirranlegen überfordert. Schließlich ist es für sehr sensible Hunde gewöhnungsbedürftig, wenn wir uns über sie lehnen oder das Geschirr über den Kopf ziehen. Bitte gewöhne deinen Hund langsam an das Anlegen des Geschirres (siehe weiter oben).
- Dein Hund wurde beim Anlegen schon mehrmals gezwickt oder gezogen. Gerade bei langhaarigen Vierbeinern kann es schnell passieren, dass man sie unabsichtlich beim Verschließen der Gurte zwickt oder an den Haaren zieht. Hier ist besondere Vorsicht geboten.
- Dein Hund mag es nicht, wenn ihm das Geschirr grob und unvorsichtig angelegt wird. Hin und wieder steht man unter Zeitdruck und möchte das Geschirr besonders schnell anlegen. Sensible Hunde können oft schlecht damit umgehen. Bitte versuche besonders einfühlsam beim Anlegen zu sein und plane etwas mehr Zeit ein.
Ich hoffe, dass ich dir die Vorteile eines Hundegeschirrs näher bringen konnte J. Ich wünsche dir viel Spaß bei der Auswahl des Geschirres!
Deine Sigrid Amon von der love your dog Hundeschule in Ardagger 🙂